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Siegfried "Siggi" Trzoß

Der in Berlin lebende, singende Moderator, Schlagertexter  und Buchautor wurde 1944 in Obra (Kreis Wollstein) geboren und war bereits 1960 jüngstes Mitglied im Hörerkreis Musik beim Berliner Rundfunk. Er leistete nach der Wende Bahnbrechendes bei der Pflege und Bewahrung eines 40jährigen Tanzmusikschaffens hunderter Autoren und Interpreten der DDR, besonders in Bühnenshows und Radiosendungen. Für zahlreiche Interpreten wie Julia Axen, Sonja Siewert und Herbert Klein, Munk & Krämer, Peter Wieland... schrieb er erfolgreich Schlagertexte. Seit Jahrzehnten stellt er in Radiosendungen Schlager des Ostens sowie seine Autoren und Interpreten vor, gegenwärtig in Berlin "Kofferadio - Hits und Raritäten des Ostens" (www.okb.de). Seine neuesten Werke : "Schlagergeschichte(n) des Ostens 1945 - 1965"  (2004) und  "Schlagergeschichte(n) des Ostens 1965 - 1990" (2005) sind viel beachtete, interessante Zeitdokumente.

Siggi Trzoß am 22. August 2004 über Bärbel Wachholz:

"Bärbel Wachholz nahm ich bewußt das erste Mal im Juni 1958 während des ND-Pressefestes auf einer Bühne am Parkplatz Fruchtstraße an der damaligen Stalinallee wahr. Gemeinsam mit weiteren Schlagersängern wurde sie begleitet von Günter Gollasch und seinem Tanzorchester des Berliner Rundfunks. Ihr "Das wünsch ich mir" wurde damals überall gesungen und gepfiffen. Dann nutzte ich viele Möglichkeiten, um die hübsche und temperamentvolle Blondine zu sehen und zu hören: ob bei den Tagen des Rundfunks und Fernsehens, beim "Amiga-Cocktail", bei "Da lacht der Bär" oder zu den zahlreichen Veranstaltungen auf Berliner Freilichtbühnen...
Unvergessen bleiben mir ihr Musikfilm "Weil ich Jung bin" und ihre tollen Musikshows "Mach Musik mit mir" und "Ich hab Musik im Blut". Hier begeisterte sie mich nicht nur mit singen, sondern auch mit tanzen und humoristischen Einlagen, an ihrer Seite tolle Bühnenakteure wie Ehemann Armin Kämpf, der Pianist- Humorist Hans Hick, das vielseitige Hemmann- Quintett. Alles wurde live gesungen und gespielt, eine tolle Band war dabei.
Unvergessen bleiben mir aber auch Gerüchte, die im Umlauf waren: weißer Tschaika, Republikflucht, kurzzeitige Inhaftierung, Auftrittsabsagen, Alkoholprobleme... Nun gab es in der DDR keine Boulevardpresse, in den Medien wurde sich zu solchen Dingen nicht geäußert. Deshalb negierte ich diese Dinge, erfreute mich an zahlreichen Bärbel-Wachholz-Melodien, die bei Funk und Fernsehen erklangen oder die ich auf Platte zuhause hatte. Somit fanden diese Gerüchte bei mir keinen Nährboden !
Beim Schlagerwettbewerb 1969 (Komponistenwettbewerb) sah ich sie für lange Zeit zum letzten Mal im Fernsehen. Ihr Song "Morgen ist schon heut" konnte sich nicht erfolgreich platzieren. Mir gefällt er noch heute, ihre Stimme klingt reifer. Nach einer langen Pause erlebte ich Bärbel Wachholz 1974 beim "Blumenfest in Weißensee" erneut. U. a. sang sie das Lied "Kleiner Mann", einen finnischen Schlagererfolg in deutscher Sprache. Während der Darbietung rannte ein kleiner Junge auf die Bühne, ihr Sohn Stephan. Mir wird dieser Auftritt unvergessen bleiben: erstens hatte ich meinen Sohn Renato auf den Schultern, zweitens lag unser zweiter Sohn Michael im Kinderwagen und drittens erlebten meine damalige Frau und ich dieses Lied im finnischen Original zuvor auf der Freilichtbühne in Schwerin. Beide Interpretationen gingen uns an die Seele. In Berlin spürten wir bei der Gestaltung des Songs durch Bärbel Wachholz hautnah eine tiefe Liebe zwischen Mutti und Sohn.
1979 trat Bärbel Wachholz im Kulturhaus Neuenhagen auf, bereits gekennzeichnet von ihrer Krankheit. Der Auftritt musste abgebrochen werden. Ähnliches geschah im November 1980 im Berliner Club "Passage" im Rahmen einer Sondersendung des "Klimperkastens" vom Berliner Rundfunk.
In einer der Sendungen "Wie wär`s denn damit?" beim Berliner Rundfunk nahm ich im November 1986 die Möglichkeit wahr, Bärbel Wachholz als Schlagerstar der 50er und 60er Jahre zu würdigen. Viele ihrer eingesungenen Melodien zählen für mich heute zu den deutschen (!) Tanzmusik-Evergreens, die es verdienen, in den Medien in Erinnerung gebracht zu werden. Mit "Das kann ich niemals vergessen" wurde Bärbel Wachholz 1962 Preisträgerin beim Rostocker Schlagerfestival. Ich werde sie nicht vergessen, denn sie hatte im wahrsten Sinne des Titels  "Musik im Blut".